216. Götter, Priester, Parlamente

أبارتيد

Apartheid

Archaisches Tabu, erkämpfte Universalität und segregierende Gegenmoderne

Die Rückkehr der Religionsführer in die Politik bedarf der Ausdünnung der Universalität von Menschenrechten und Wissenschaftlichkeit. Aphorismen von Jacques Auvergne.

Vor der Kulisse von Enttraditionalisierung bzw. Globalisierung und islamischer Re-Fundamentalisierung gibt es auch im außerislamischen Bereich zwei große Bewegungen: Hin zu mehr Segregation (‘Apartheid’) der Stadtteile oder Straßenzüge und hin zu weniger Trennung der Religionen, Hautfarben oder Geschlechter.

Menschliche Zukunft (qadar, kismet) fällt nicht vom Himmel, sondern liegt in unserer Verantwortung. In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Pauschal anti-religiös zu argumentieren bringt nicht viel weiter, denn dass verordneter Atheismus wieder zu schecklichem Mord führen kann, zeigen Stalin und Mao.

Kulturelle Moderne und ‘offene Gesellschaft’ entsprechen wohl sehr dem Miteinander, durchaus im Sinne des amerikanischen Modells vom melting pot. ‘Islamische Renaissance’ (Schariatisierung) oder alle möglichen Nationalismen (auch antiislamische) werden demgegenüber die Tendenz befördern, „sich voneinander abzugrenzen“.

Das Bild von der jedem Individuum zustehenden, unteilbaren Menschenwürde, der Menschenwürde im Sinne der AEMR, scheint angesichts des (patriarchalischen) Beharrens von Stamm und Clan, von hinduistischem Kastensystem oder Islamischem Recht zu verbleichen, die Rückkehr der Götter in die Parlamente und Universitäten könnte die Gleichberechtigung der Frau als kurzlebige Absonderlichkeit ins Geschichtsbuch verbannen (das Kalifat braucht keine Erinnerung, vgl. den Genozid an den Armeniern; ein Buch reicht ja zur Welterklärung, der Koran).

Religiöse Hardliner aller Religionen rufen dazu auf, die Verhaltensweisen der ‘Ungläubigen’ zu meiden.

Bei Personaleinstellung, Wohnungsvergabe oder Sitzplatzvergabe in öffentlichen Verkehrsmitteln sollte es überall auf der Welt recht bald keine Rolle spielen, welche Religion oder Hautfarbe oder welches Geschlecht oder welchen Familienstand jemand hat.

Dieses Bewusstsein vom Menschen als gleichberechtigtem Staatsbürger (cotoyen, citoyenne) ist mit dem orthodoxen Islam schlicht nicht zu machen, da allein die gelebte Ungleichbehandlung (der Frauen, der Nichtmuslime) vor der Hölle bewahre.

Überall auf der Welt sollten Menschen nicht sagen: „Vermietet nicht an Serben, Kroaten, Schwarze, Chinesen oder Atheisten“, sondern sich bemühen, den Menschen auf seine Bereitschaft hin zu bewerten, die (hoffentlich) für alle gleich geltenden Gesetze einzuhalten.

In den USA oder in Europa etwa konvertieren Menschen zum Islam, aber nur die Radikalsten wollen bewusst aus dem Gesetz aussteigen und nach der Scharia (Zweitfrau, Burka) leben, die ‘säkulare’ Mehrheit sollte ihnen rechtzeitig klar machen, dass auch mit einer religiösen Begründung die Frau nicht halb so viel erbt oder einfach so verstoßen werden kann (Kinder gehören im Islam dem Vater bzw. dessen Sippe).

Die islamische Geschlechtertrennung rettet das Seelenheil und ist totalitäres Gesetz (Scharia). Hinhören sollte man aber immer, wenn jemand die Trennung der Frauen und Männer im öffentlichen Raum durchsetzen will.

Israel 2011. Die landesweit 32 gender-segregierten, super-koscheren Buslinien des israelischen Unternehmens Egged, acht davon fahren innerhalb Jerusalems, werden den gehobenen Ansprüchen der Haredi auf Moral und Schamgefühl gerecht. Die Männer sitzen vorne, die Frauen hinten. Gender segregated buses meet Haredi standards of modesty. Autobus mehadrin: Men sit at the front and women at the back. In der Vergangenheit hatten ultraorthodoxe Männer mehrmals Frauen gewalttätig angegriffen, die es wagten, im Männerteil Platz zu nehmen. Frauen ohne sittsame Rocklänge und hochgeschlossene Bluse dürfen erst gar nicht einsteigen, Naomi Ragen, eine amerikanisch-israelische Autorin und Frauenrechtlerin, wurde beleidigt und bedroht. Seit 2006 kämpft die gläubige Jüdin für ein Ende der Geschlechtertrennung in den Bussen. Elyakim Rubinstein, 1997 bis 2003 Generalstaatsanwalt und seit Mai 2004 Richter am Obersten Gerichtshof Israels, fragt: „Have the days of Rosa Parks, the African American woman who collapsed the racist segregation on an Alabama bus in 1955 returned? Sind die Zeiten von Rosa Parks zurückgekehrt, die die Rassensegregation 1955 in einem Bus in Alabama zum Einsturz brachte?“

Es ist der Rede wert, ob so genannte muslimische Frauen an den Olympiateams der Golfstaaten wie zufällig nicht teilnehmen oder ob in Europas Schwimmbädern die Unterwasserburka (Burkini) durchgesetzt werden soll, sittsame Badekleidung. Die Verweigerin des Burkini, die weibliche Nacktere ist aus der Perspektive von Hidschab und Scharia eine unkeusche Schlampe.

Wir alle kennen den Streit um Lehrerinnenkopftücher, doch viele Menschen waren erstaunt zu hören, dass in Israel ein kleiner religiöser Kreis eine jüdische Burka (jewish burka or frumka; Rabbanit Bruria Keren) bewirbt. Diese den Frauenleib dämonisierende Frumka ist, wie Tschador und Niqab, kein Problem von Webtechnik oder Nähmaschine, sondern eines des (religiös begründeten) Frauenbildes, man kann diese Textilien beispielsweise nicht einfach ablegen. Bleibt zu hoffen, dass unter Jüdinnen die Frumka möglichst wenig attraktiv wird.

Maryam Namazie betont, dass ein säkulares Personenstands- und Familienrecht gegenüber den religiösen (muslimischen, christlichen, jüdischen) Gesetzen immer Vorrang haben muss. Das Individuum – vor allem das weibliche – darf nicht durch Religionsgesetze daran gehindert werden, von seinen bürgerlichen Rechten Gebrauch zu machen. Maryam Namazie responds: The One Law for All Campaign is opposed to all religious councils and tribunals including the Beth Din.

Allahs Scheidungsrecht … bewahrt vor der Hölle und diskriminiert die Frau. Islamic Sharia Council, 34 Francis Road, Leyton, London.

Der mit Bekleidungsgeboten, Meidungsverhalten, geheiligter Gender-Apartheid und ethnoreligiös segregierten Straßenzügen hantierende, hoch politische Rückgriff auf Gottesgesetz und kulturelle Verschiedenheit (Diversität; Identität) bedroht die Standards der Universalität von Menschenwürde und Menschenrecht (AEMR 1948, GG 1949).

Wenn also die öffentliche Hand wissenschaftlich fundierte Sektenberatung und Aussteigerprojekte aus politischem Extremismus finanziert, sollte auch ein entsprechend offensives Angebot für Salafisten (Die wahre Religion DWR; Einladung zum Paradies EZP, Qutbisten), für Wahhabiten oder Ahmadis bereitgestellt werden.

Die BRD sollte wieder die einer jeden religiösen Ehe verpflichtend vorausgehende standesamtliche Trauung einführen, um den Gruppendruck der parallelgesellschaftlichen religiösen Normen, vor allem natürlich der Scharia (Imam-Ehe), abzumildern.

Jacques Auvergne

Quellen zum Thema. Israels jüdische Ultraorthodoxe und die religiös begründete Geschlechtertrennung in Linienbussen.

Mit Gewalt wollen ultraorthodoxe Fanatiker in Jerusalem zusätzliche Buslinien erzwingen – damit Frauen von Männern getrennt sitzen. Aus: Sabine Brandes: Nur auf den hinteren Plätzen. Jüdische Allgemeine Zeitung, 05.03.2009

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/527/highlight/Naomi&Ragen

„Besonders unerbittlich sind die Haredim, wenn es um die Züchtigkeit der Frauen geht. Hochgeschlossene Blusen, lange Röcke, blickdichte Strümpfe und verdeckte Haare bei Verheirateten sind die Grundausstattung einer jeden ultraorthodoxen Frau.“

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/2070

Strikt getrennt. Von Sabine Brandes, 28.03.2008. „Frauen schleichen heimlich still und leise durch die Hintertür, Männer gehen durch den Vordereingang. Frauen sitzen ganz weit hinten, halten sich bedeckt und ruhig, um nicht aufzufallen, Männer machen es sich vorne gemütlich. Jene, die sich nicht daran halten, werden gezwungen – notfalls mit Gewalt. Wer bei dieser Beschreibung an dunkles Mittelalter oder Regime denkt, in denen Frauenrechte mit Füßen getreten werden, liegt falsch. Strikte Geschlechtertrennung geschieht heutzutage mitten in Israel in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die sogenannten „Mehadrin-Linien“ des landesgrößten Transportunternehmens Egged verdammen das weibliche Geschlecht auf die hintersten Plätze, Passagierinnen in Hosen werden oft gar nicht erst mitgenommen. … Männer und Frauen sitzen ohne jeglichen Körper- und Augenkontakt so weit es geht voneinander entfernt.“

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/3264/highlight/Naomi&Ragen

“A woman who reported a vicious attack by an ad-hoc „modesty patrol“ on a Jerusalem bus last month is now lining up support for her case and may be included in a petition to the High Court of Justice over the legality of sex-segregated buses. Miriam Shear says she was traveling to pray at the Western Wall in Jerusalem’s Old City early on November 24 when a group of ultra-Orthodox (Haredi) men attacked her for refusing to move to the back of the Egged No. 2 bus. She is now in touch with several legal advocacy and women’s organizations, and at the same time, waiting for the police to apprehend her attackers.”, aus: Daphna Berman: Woman beaten on J’lem bus for refusing to move to rear seats, in: Haaretz, 15.12.2006

http://www.haaretz.com/woman-beaten-on-j-lem-bus-for-refusing-to-move-to-rear-seat-1.207251

Yair Ettinger: High Court: Gender segregation legal on Israeli buses – but only with passenger consent. Haaretz, 06.01.2011

http://www.haaretz.com/news/national/high-court-gender-segregation-legal-on-israeli-buses-but-only-with-passenger-consent-1.335567

Naomi Ragen: I Am Not Sitting at the Back of the Bus. Zuerst in: Jewish Chronicle, 23.02.2007

http://www.naomiragen.com/Columns/I%20Am%20Not%20Sitting%20at%20the%20Back%20of%20the%20Bus.htm

3 Antworten to “216. Götter, Priester, Parlamente”

  1. Chronist Says:

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    Burkini-Urteil

    Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 28.09.2012
    7 A 1590/12
    Keine Befreiung einer elfjährigen Muslima vom koedukativen Schwimmunterricht
    Schülerin ist Teilnahme an Schwimmunterricht beispielsweise in Burkini bzw. Haschima zumutbar

    Im zugrunde liegenden Streitfall wollte eine muslimischen Schülerin im Schuljahr 2011/2012 vom Schwimmunterricht der 5. Klasse, der Jungen und Mädchen gemeinsam erteilt wird (so genannter koedukativer Schwimmunterricht), befreit werden. Die Schülerin hatte sich zur Begründung auf ihren Glauben berufen, nach dem auch Mädchen im Alter von elf Jahren an einem Schwimmunterricht, der in Anwesenheit von Jungen gleichen Alters erteilt werde, ihren Körper weitgehend verhüllen müssten und sich darüber hinaus auch nicht dem Anblick der Jungen in Badebekleidung aussetzen dürften. Darüber hinaus habe sie auch körperliche Berührungen mit Jungen zu vermeiden, zu denen es nach der Lebenserfahrung im koedukativen Schwimmunterricht kommen könne.

    Der Hessischen Verwaltungsgerichtshof hat es für rechtmäßig erachtet, dass der Schulleiter der von der Schülerin besuchten Schule den Antrag auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht abgelehnt hat. Die Glaubensfreiheit der Schülerin stehe im Konflikt mit dem staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag. Der Konflikt dieser Verfassungswerte sei mit dem Ziel der weitestmöglichen Schonung und damit Verwirklichung beider Verfassungsgüter zu lösen. Dem Glaubensgebot, den eigenen Körper beim Schwimmunterricht weitgehend zu verhüllen, hätte die Schülerin in zumutbarer Weise dadurch nachkommen können, dass sie am koedukativen Schwimmunterricht in einer den muslimischen Bekleidungsvorschriften gerecht werdenden Schwimmbekleidung (Burkini bzw. Haschima) teilnahm. Das von der Glaubensfreiheit der Schülerin geschützte Bestreben, sich nicht dem Anblick der Jungen in Badebekleidung auszusetzen sowie körperliche Berührungen mit diesen zu vermeiden, erfahre im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Erziehungsziel der Integration eine Einschränkung. Der Integrationsauftrag der Verfassung gebiete es nämlich, Schülerinnen und Schüler auf ein Dasein in der säkularen und pluralistischen Gesellschaft in Deutschland vorzubereiten, in der sie einer Vielzahl von Verhaltensweisen, Wertvorstellungen und Überzeugungen begegnen würden, die sie selbst für sich ablehnten.

    http://www.kostenlose-urteile.de/Hessischer-VGH_7-A-159012_Keine-Befreiung-einer-elfjaehrigen-Muslima-vom-koedukativen-Schwimmunterricht.n14254.htm

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    Burkini-Urteil

    Ein muslimisches Mädchen ist vor Gericht mit der Forderung gescheitert, vom gemischten Schwimmunterricht befreit zu werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel wies die Berufung einer heute zwölf Jahre alten Schülerin aus Frankfurt ab. Sie wollte feststellen lassen, dass sie im abgelaufenen Schuljahr im Alter von elf Jahren zu Unrecht nicht vom koedukativen Schwimmunterricht befreit wurde.

    „Die Klägerin hätte damals am Schwimmunterricht teilnehmen müssen. Für diesen Zeitpunkt in diesem Einzelfall gab es keine Gründe für eine Befreiung“, sagte der Vorsitzende Richter und Präsident des VGH, Hans Rothaug (Az: 7 A 1590/12). Bereits zuvor hatten andere Oberverwaltungsgerichte in vergleichbaren Fällen ähnlich geurteilt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage ließ der VGH aber eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.

    Abzuwägen seien die Grundrechte der Religionsfreiheit und des staatlichen Bildungsauftrags. Er habe keinen Zweifel, dass die Klägerin es mit ihrem Glauben sehr ernst meine, betonte Rothaug. Das Tragen eines Burkinis sei ihr als „milderes Mittel“ an dieser Schule aber möglich gewesen. An der Helene-Lange-Schule in Frankfurt haben vier von fünf Schülern einen Migrationshintergrund. Mehr als ein Drittel sind Muslime. Ein Burkini ist ein Badeanzug, der den Bekleidungsvorschriften des Islam entspricht.

    Diesen hatte die Muslima abgelehnt. „Das ist ein Plastiksack und macht jemanden hässlich“, sagte ihr Anwalt Klaus Meissner. Zudem hatte er mit dem Anblick der anderen Jungen und Mädchen argumentiert. Dies verletze ihr Schamgefühl. Die Klägerin sagte: „Ich möchte Jungen nicht in kurzer Bekleidung sehen. Ich mag sowas nicht.“ Das ließ der 7. Senat nicht gelten. Die Schülerin wolle Ärztin werden. Auch dann könne sie sich nicht jeder solchen Situation verschließen.

    aus: Muslimische Mädchen müssen mit Jungen schwimmen
    in: Die Welt 28.09.2012

    http://www.welt.de/vermischtes/article109535109/Muslimische-Maedchen-muessen-mit-Jungen-schwimmen.html

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    Burkini ist zumutbar
    taz 28.09.2012

    http://www.taz.de/Urteil-zu-Schwimmunterricht-/!102567/

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  2. Carcinòl Says:

    Zum Stichwort Burkini (sowie zum Jungen der Zeugen Jehovas, der ein modernes Zaubermärchen für Schwarze Magie halten muss) warnt die EMMA (immerhin) vor dem Pferdefuß in den diesjährigen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts.

    Als Hinweis vorab: Unser westliches Nachbarland Frankreich will 2013 die Gleichberechtigung gegen den Fundamentalismus verteidigen.

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    Charta der Laizität in Frankreich

    Krieg gegen Sexismus ab dem Kindergarten

    Zwei Themen sind in den offiziellen Interviews mit den Kanzler-Kandidaten in Deutschland so gar keine: der Sexismus und der religiöse Fundamentalismus. Beide jedoch bewegen die Menschen sehr. In der französischen Politik sieht das anders aus, in Sachen Gleichberechtigung wie Trennung von Religion und Staat. Bereits 2004 wurde ein Gesetz verabschiedet, dass das Tragen religiöser Kleidungsstücke und Symbole in weltlichen Schulen verbietet, für LehrerInnen wie SchülerInnen: vom Kopftuch übers Kreuz bis zur Kippa. Mit großem Erfolg. Die zermürbenden Streitereien ums Kopftuch, in der Regel provokant angezettelt von islamistischen Eltern, haben seither ein Ende. Jetzt wurde pünklich zur „Rentrée“, zum Beginn des neuen Schuljahrs, eine „Charta der Laizität“ verabschiedet, mit 15 Paragrafen. Sie muss in allen staatlichen Schulen und Kindergärten ausgehängt werden. „Niemand wird künftig mit Berufung auf seine Religion die Teilnahme am Unterricht verweigern können“, erklärte Bildungsminister Peillon, unterstützt vom Elternverband Peep. Die Fälle der Weigerung, am Unterricht teilzunehmen, hatten sich gehäuft; vor allem im Sport, in Biologie (Evolution und Sexualkunde) und Geschichte. Spätestens 2015 sollen in allen Lehrplänen dann Kurse in „säkularer Moral“ aufgenommen werden. Ziel ist die Vermittlung der „Werte der Republik“, allen voran die Gleichberechtigung der Geschlechter. Die marokkanischstämmige, muslimische Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem kündigte einen „Krieg gegen den Sexismus ab dem Kindergarten“ an.

    EMMAonline, 11.09.2013

    http://www.emma.de/news-artikel-seiten/krieg-gegen-sexismus-ab-dem-kindergarten/

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    Keine Befreiung vom Unterricht

    Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Schritt in die richtige Richtung – aber eben nur ein Schritt. Nein, eine elfjährige Schülerin aus einer muslimischen Familie darf nicht dem Schwimmunterricht fernbleiben, urteilten die fünf Richter. Und, nein, der zwölfjährige Schüler, dessen Eltern den Zeugen Jehovas angehören, darf sich nicht vom Unterricht befreien lassen, weil in Deutsch Otfried Preußlers „Krabat“ besprochen wird. In dem Buch, so die Eltern, gehe es um „schwarze Magie“. Beide Klagen wies das Gericht ab. So weit, so gut. Dennoch bleibt ein großes Problem.

    Zwar stellten die Richter in ihrer Urteilsbegründung klar, dass ein „Eingriff in das Grundrecht der Glaubensfreiheit durch die staatlichen Erziehungsziele verfassungsrechtlich gerechtfertigt“ sei. Aber sie öffneten all jenen, die der Ansicht sind, dass die gelebte Gleichberechtigung der Geschlechter oder die Vermittlung der Evolutionstheorie gegen ihren Glauben verstoßen, auch ein Hintertürchen in Scheunentorgröße.

    Das heute 13-jährige Mädchen, das ein Frankfurter Gymnasium besucht und deren Eltern aus Marokko stammen, könne im Schwimmunterricht ja einen Burkini tragen, argumentierten die Richter. Dieser Ganzkörperanzug, der nur Gesicht und Hände freilässt, ermögliche die „Wahrung der muslimischen Bekleidungsvorschriften“.

    Im Falle des Bocholter Gymnasiasten erklärte das Gericht, dass eine Unterrichtsbefreiung aus religiösen Gründen nur „ausnahmsweise“ verlangt werden könne, nämlich dann, wenn den „religiösen Belangen des Betroffenen“ eine „besonders gravierende Beeinträchtigung“ drohe.

    Dabei geht es hier nicht um „Glaubensfragen“, die im Einzelfall zu bewerten sind. Sondern um die Frage, inwieweit es der Staat religiösen Fundamentalisten erlaubt, sich über das Gesetz zu stellen. Es bleibt also dabei: Eine Grundsatzentscheidung, die klarstellt, dass Religion Privatsache ist und Burkini oder Kopftuch Symbole des politisierten Islam, steht weiterhin aus. Fundamentalisten aller Glaubensrichtungen werden weiter klagen.

    In Frankreich ist man da weiter: Zum Beginn des neuen Schuljahrs trat dort die „Charta der Laizität“ in Kraft. „Niemand wird künftig mit Berufung auf seine Religion die Teilnahme am Unterricht verweigern können“, erklärte Bildungsminister Peillon. Und die marrokanischstämmige, muslimische Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem kündigte einen „Krieg gegen den Sexismus ab dem Kindergarten“ an. Von der Kanzlerin haben wir zu diesem Thema in diesem Wahlkampf leider noch nichts gehört.

    EMMAonline, 11.9.2013

    http://www.emma.de/news-artikel-seiten/fundamentalismus-keine-befreiung-vom-unterricht/

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  3. Edward von Roy Says:

    Kein Anspruch einer muslimischen Schülerin auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht

    BVerwG 6 C 25.12
    11.09.2013

    Muslimische Schülerinnen können regelmäßig keine Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht verlangen, wenn ihnen die Möglichkeit offensteht, hierbei einen sogenannten Burkini zu tragen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. …

    http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2013&nr=63

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    Doch allein mit der Integration der Unterwasserburka hatten die Leipziger Richter auf lange Sicht verloren.

    Denn mädchenfeindlich ist das potentielle Diskriminiertwerden der dann ziemlich nackten Nichtburkiniträgerinnen, und jungenfeindlich ist es, nichtschariakonforme Badebekleidung als sittlich minderwertig betrachten zu dürfen. Aus dem verhängnisvollen Leipziger BVerwG-Urteil:

    „Der Verwaltungsgerichtshof hat anerkannt, dass die Klägerin in strenger Auslegung des Korans sich auch an das Gebot gebunden fühlt, nicht mit dem Anblick von Jungen in Badebekleidung konfrontiert zu werden, die nicht den muslimischen Bekleidungsvorschriften entspricht, sowie körperliche Berührungen mit Jungen zu vermeiden.“

    Und so kam gestern, was kommen musste:

    Schwimmbad-Dschihad von Osnabrück aus!

    Rauf Ceylan, der die durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellte Unzulässigkeit der Nichtteilnahme am Schwimmunterricht verwirft („Dieses Verbot ist der falsche Weg“), will ja vielleicht demnächst die Muftis und Scheiche entscheiden lassen über die Burkinifrage bzw. die verpflichtende Teilnahme am Schwimmunterricht („über so eine sensible Frage“).

    Gerade habe ich so kommentiert bei der NOZ:

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    Gleiche Rechte für alle bitteschön – und gleiche Pflichten. Eine Pflicht nennt sich die Schulpflicht. Der Schwimmunterricht dient nicht der Rettung der Seele, eher schon der Lebensrettung vor dem höchst irdischen Ertrinken.

    Wenn wir jetzt einknicken und die Trennung in Jungen und Mädchen (die Geschlechter-Apartheid) fördern, wie wollen wir demnächst im Biologieunterricht die Evolutionstheorie nach Charles Darwin besprechen, wo doch die Glaubenstreue der lieben Kleinen erschüttert werden könnte?

    Im übernächsten Schritt dann wird der Aufklärungsunterricht dem Druck der hart agitierenden religiösen Lobby nachgeben, der doch eigentlich präventiv vor sexuellen Krankheiten, ungewollter Schwangerschaft sowie vor Kindesmissbrauch schützen soll.

    Was wollen wir: wissenschaftlich fundierte Bildung und freiheitlich demokratisches Mündigmachen für alle oder ganz viel Frommheit bzw. Frömmelei für die vermeintlich vom Himmel Auserwählten?

    Edward von Roy
    Diplom-Sozialpädagoge (FH)

    http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/427501/muslimas-in-osnabruck-lehnen-burkini-ab

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